Dies ist eine kostenlose Homepage erstellt mit hPage.com.

XI. Die Symmetria oder gegeneinander Messung

von Alfred Werner Maurer

Die Teilnahme Stengels als Offiziersfähnrich an den Feldzügen des Prinzen Eugen nach Oberitalien, seine Reisen und seine Mitarbeit bei Maximilian Welsch in Fulda förderten sein Verständnis für Architekturtheorie und angewandte Mathematik, insbesondere für die Proportionsregeln, und prägten seine Künstlerpersönlichkeit. Die Studien in den Militärwissenschaften umfaßten auch die Technik der Fortifikation und der Vermessung. Grundlage der architekturtheoretischen Schriften war stets auch die Auseinandersetzung mit den Regeln über die Proportion, der Vergleich von Bauteilen in Bezug auf das Ganze. Goldmann erläuterte in seinem ersten Buch der Baukunst: Die Symmetria oder gegeneinander Messung ist eine solche Eintheilung der Stücke eines ganzen Gebäudes, daß alles dem Maasse nach wohlgereimtes erhalten werde[1]. Ein Baumeister, der diese Regeln nicht beachtete, war der Kritik ausgesetzt. F.J.Stengel sprach über Gottfried Heinrich Krones Entwurf zum Festsaal der Heidecksburg in Rudolfstadt, daß er außer Proportion seye und überhaupt das Gebäude nicht regulair gemacht worden sei[2]. Die Proportionen wurden angegeben durch den Modul, der dem Halbmesser der Säule entspricht. Für die verschiedenen Säulenordnungen war die Anzahl der Module unterschiedlich vorgegeben. Der Modul hat eine Größe, die von dem Baumeister je nach Rang, Lage und Umgebung des zu errichtenden Gebäudes zu bestimmen ist. Goldmann empfiehlt: In den Gebäuden soll der Modul niehmals über vier Füsse groß, auch nicht kleiner seyn als ein Fuß ist. Zwischen solchen Massen wird der Modul in der heiligen Baukunst befunden, nehmlich in den Seulen des Tempels ist er vier Fuß, in den Vorbäuen zwey Füsse, und im königlichen Hoffe einen Fuß groß[3]. Dadurch, daß das absolute Maß eines Moduls sich in der Achsabfolge des Grundrisses und in den Gesamtmaßen des Schlosses immer wiederfindet, bestätigt sich : die halbe Säulenbreite - dem gewählten Modul entsprechend - wird auf die Abstände der Pilaster, der Tore, der Türen und Fenster und Gebäudeecken übertragen. Die Anzahl der Türen und Fenster ergibt sich aus der geplanten Grundrißform in Abhängigkeit von dem zur Verfügung stehenden Bauplatz. Sturm schreibt: Nachdem nun dieses alles geschehen, nehme ich den gegebenen Platz vor mich, bei dem es zwar meistens nicht darauff ankommet, ob ihm um etliche wenige Fuß kleiner oder größer nimmet[4]. Nach der Bestimmung der Länge und Breite des Gebäudes nach den vorzitierten Regeln wurde der Grundriß in Modulen entwickelt[5]. ( Tafel 3 ) Zur zeichnerischen Darstellung des Grundrisses gibt Goldmann folgende Anleitung:Wenn die Rechnung also gemacht worden, entwirfft man sich die halbe Länge und Breite auf solche Weise: Träget hernach davon ein Netze auf, so wohl von den Mittel-Linien der Säulen, als auch von den Säulen-Dicken, und von den Fenster-Weiten dazwischen, so kan man auf solchem Netze gar leicht einen Grund-Riß zu dem ganzen Gebäude, und das auf mehr als auf eine Weite austheilen. In dem Buch Vollständige Anweisung aller Arten von Regularen Prachtgebäuden nach gewissen Regeln zu erfinden, auszutheilen und auszuführen[6]  wird zunächst die Disposition der Säule der Höhe nach empfohlen: „... die zweyte, wenn unten ein Geschoß mit Bossagen gemachet und hernach eine Ordnung ohne Säulenstuhl durch alle übrigen Geschosse hinauff geführet wird...[7]Die Kolossalordnung ist nach Sturms Angaben mit 24 ½ Modul für den Schloßbau Saarbrücken anzunehmen und erstreckt sich über die Beletage und den Grand salon des Mittelrisalits. Die baupraktikable Verwendung des Moduls erfordert, daß der Modulmaßstab in der Mitte des 18. Jahrhunderts zu den gebräuchlichen Längenmaßen von Schuh und Zoll ins Verhältnis gesetzt wurde. Da aber die Gebäude von den Werckleuten nach Ellen, Fußen und Zollen errichtet werden, denen der Modulmaaßstab entweder gänzlich unbekannt ist; so muß man den Modul auf den schuigen Maßstab reduciren[8].


[1] ) Goldmann, N., Vollständige Anweisung zu der Civilbaukunst , Hrsg. Sturm, L.C., Wolffenbüttel 1696, S. 30.
[2] ) Möller, Lohmeyer, Festschrift, S. 83-86.
[3] ) Goldmann, N., Vollständige Anweisung zu der Civilbaukunst , Hrsg. Sturm, L.C., Wolffenbüttel 1696, S. 82.
[4] ) Sturm, L.C., Vollständige Anweisung, alle Arten von regularen Prachgebäuden nach gewissen Regeln zu erfinden, Augsburg 1716, Die zweyte Zugabe § 7.
[5]) Sturm, L.C., Vollständige Anweisung, alle Arten von regularen Prachgebäuden nach gewissen Regeln zu erfinden, Augsburg 1716. Wir unterscheiden nach Sturm die gemeine oder uneigentliche Methode, d.h. mit Hilfe der Quadratur , d.h. mit Zirkel und Lineal zu arbeiten im Gegensatz zu der eigentlichen Methode, der modernen, die in jedem Falle auf einem gewählten Modul basierte.
[6] ) Sturm, L.C., Vollständige Anweisung, alle Arten von regularen Prachgebäuden nach gewissen Regeln zu erfinden, Augsburg 1716, Die zweyte Zugabe §9.
[7] ) Sturm, L.C., Vollständige Anweisung, alle Arten von regularen Prachtgebäuden nach gewissen Regeln zu erfinden, Augsburg 1716, Die zweyte Zugabe § 1.
[8] ) Suckow, L. Johann Daniel, Erste Gründe der Bürgerlichen Baukunst, Jena 1798,  S. 242.

Nach oben

Dies ist eine kostenlose Homepage erstellt mit hPage.com.